(09.05.05 08:05)

Ein Team, beim dem es zwischenmenschlich gut läuft, ein Team also bei dem die Chemie zwischen den Beteiligten stimmt, ist im Stande, Aussergewöhnliches zu leisten. Solche Hochleistungsteams funktionieren effektiv und effizient, und in der Regel ohne strikte Prozesse. Ein Aspekt dieses erfolgreichen Zusammenwirkens ist der intensive Austausch zwischen den Beteiligten. Dabei durchläuft das Team in rascher Folge Phasen von intensiver und konzentriertem Arbeiten im Stillen, Gesprächen und Diskussionen, Ad-Hoc-Präsentationen von Ergebnissen und des kreativen Fragenstellens. Die einzelnen Teammitglieder tragen das Team und werden gleichzeitig von ihm getragen. Dabei entsteht ein transaktives Gedächtnis, das mehr ist als die Summe der Gedächtnisinhalte der einzelnen Teammitglieder; jeder im Team trägt mit seinem Wissen dazu bei, dass die anderen wissen können und sich das Teamwissen als Ganzes verbreitern und vertiefen kann. In diesem transaktiven Gedächtnissystem wirken die Mitglieder mit- und untereinander als wechselseitige Gedächtnisstützen. Dadurch entsteht ein verstärkendes positives Feedbacksystem, das wirksam verhindert, dass etwas Wesentliches vergessen gehen kann oder Lösungen entstehen, die unnötig komplex sind.

Für die Lösung schwieriger Aufgaben sind solche Hochleistungsteams ideal. Doch sie haben in den Augen mancher einen entscheidenden Nachteil: Sie verhindern die Behandlung des Menschen als Humanressource. Das erschwert die leistungs- und kostenoptimierte Ausbeutung, denn die Menschen eines Hochleistungsteams kann man nicht einfach als namenlose Leistungseinheiten betrachten, die sich beliebig austauschen lassen. Denn gerade weil Hochleistungsteams zu einer wirksamen Form der Zusammenarbeit auf der Basis eines transaktiven Gedächtnisses gefunden haben, reagieren sie äusserst empfindlich auf Störungen durch den Verlust bzw. Austausch eines Teammitglieds. Bereits das Wegfallen einer Person kann das transaktive Gedächtnis so sehr in Mitleidenschaft ziehen, dass das Team über einen längeren Zeitraum seine Schlagkraft verliert, weil es plötzlich einen wesentlichen Teil seiner Zeit für die Selbstheilung und als Teil davon auf die Reparatur des beschädigten transaktiven Gedächtnises verwenden muss. Darum sind auch Hochleistungsteams auf stabile organisatorische Verhältnisse angewiesen.

Sind Hochleistungsteams eine Ausnahmeerscheinung? Ich glaube, nein. Es ist wohl eher so, dass viele Unternehmen, das Entstehen solcher Teams durch disfunktionale Strukturen und ständige Reorganisationen systematisch ver- oder zumindest behindern. Zudem fürchtet sich mancher Manager auch vor solchen Hochleistungsteams, denn sie bilden eine starke, von Zusammenhalt und Feuer für die Sache geprägte Einheit, deren - nach Aussen häufig als chaotisch anmutende - Arbeitsweise weniger Kontrolle ermöglicht, dafür aber mehr Vertrauen verlangt. Damit scheinen heute viele Entscheidungsträger offensichtliche Mühe zu bekunden. Dabei sind solche Hochleistungsteams für alle Beteiligten ein Segen: Die Arbeit in einem solchen Team macht nämlich enorm Spass, das heisst Mitglieder eines Hochleistungsteams sind zufriedener mit sich und ihrer Arbeit, leisten mehr, und das ganz ohne die Errichtung instinktbasierter Belohnungssysteme. Davon profitieren auch die Unternehmen, denn zufriedene Menschen leisten einfach bessere Arbeit, leiden weniger unter Stress und sind dadurch auch weniger krank.

Ich bin auf jeden Fall froh, dass ich Teil eines Hochleistungsteams sein darf. Und ich bin auch froh darüber, dass der zuständige Projektleiter des Kunden einen untrüglichen Instinkt und ein intuitives Verständnis für die nötigen Rahmenbedingungen hat, die ein solches Team braucht.

-nemo :-)

Über diesen Artikel diskutieren.

Zugriffe heute: 1 - gesamt: 4451.




YAGNI und die Kunst des... nemo ist wie Bill Clinton

Druckbare Version