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- George Sand

Zerbrochene Fenster und die Macht der Umstände

von Sascha Frick (September 02)

Die Macht der Umstände

Die Theorie der zebrochenen Fenster (Broken Window Theory) wurde vom amerikanischen Psychologen Philip Zimbardo 1969 formuliert. Sie postuliert, dass die Macht der Umstände einen viel grösseren Einfluss auf uns Menschen hat, als wir gemeinhin annehmen.

Kleine Ursache - grosse Wirkung

Ein kaputtes Fenster, das nicht repariert wird, führt dazu, dass die Bewohner des Hauses das Gefühl bekommen, dass sich niemand für den Zustand des Gebäudes interessiert. Bald wird ein weiteres Fenster kaputt gehen, Wandschmierereien werden auftauchen und die Hausbewohner fangen an, Zigarettenstummel und andere kleine Abfälle achtlos weg zu werfen. Und sehr bald schon kommt es zu weiteren massiven Sachbeschädigungen. Schliesslich wird das Haus so stark beschädigt sein, dass es sich für den Besitzer nicht mehr lohnt, die Schäden zu reparieren. Damit wird das ursprüngliche Gefühl der Bewohner zur Realität.

Die Theorie der zerbrochenen Fenster wurde u.a. von der New Yorker Polizei erfolgreich dazu eingesetzt, um die Verbrechensrate drastisch zu senken. Die Idee, sich zuerst um die einfachen Dinge wie zerbrochene Fenster, Graffiti und andere Kleinigkeiten zu kümmern, scheint tatsächlich zu funktionieren (vgl. das Buch Der Tipping Point. Wie kleine Dinge Großes bewirken können).

Zerbrochene Fenster in der Software

Auch in der Softwareentwicklung lässt sich der negative Effekt zerbrochener Fenster (schlechter Entwurf, falsche Dokumentation oder fehlerhafter Programmcode) beobachten.

Wohl jeder Entwickler hat bereits die Feststellung gemacht, dass eine Software sich scheinbar plötzlich in einem Zustand befindet, in dem sie massive Zeichen der Verrottung zeigt und unwartbar und nicht mehr weiter entwickelbar ist. Dieser Zustand tritt jedoch nicht einfach über Nacht ein, sondern ensteht nach und nach im Verlauf der Zeit: Eine kleine Unachtsamkeit hier, ein weggelassener Testfall da, ein zwei faule Kompromisse im Entwurf, nicht mehr benötigter Code, der in der Anwendung verbleibt, ein veralteter Kommentar, Unachtsamkeit im Codelayout und bald ist das System durchzogen mit kaputten Fenstern, kleinen Abfallbergen, Wandschmierereien und anderem Unrat. Mehr und mehr verschlechtert sich auch der Zustand der tragenden Elemente der Software. Diese führen zunehmend zu neuen und schwerwiegenden Problemen bei der Entwicklung und Wartung. Und weil all dies langsam und schleichend geschieht, fallen all diese Zeichen lange nicht weiter auf. Und schlimmer noch, jede dieser für sich genommen vielleicht harmlosen Dinge sendet eine klare Botschaft: "Hier interessiert sich niemand für den Zustand der Software, hier ist niemand verantwortlich, hier kann man tun und lassen, was man will.!" Und so entsteht über die Zeit ein heruntergekommener und verwahrloster "Softwareslum", in dem sich niemand mehr wohl fühlt und sich keiner länger als nötig aufhalten mag. Was als kleine Unachtsamkeit oder Nachlässigkeit begonnen hat, ist zu einem kostspieligen und gefährlichen Unterfangen geworden.

Schnell und früh reagieren

Und daher: Reparieren Sie Ihre zerbrochenen Fenster. Lassen Sie es nicht zu, dass Ihr System langsam aber sicher verwahrlost und zerfällt. Achten Sie auf die kleinen Dinge wie Einhaltung der Codierrichtlinien, konsequentes Unit-Testing, Einfachheit und intellektuelle Beherrschbarkeit, etc. Nutzen Sie die Macht der Umstände zu Ihrem Vorteil und sorgen Sie dafür, dass ihre Software stets aufgeräumt und ordentlich ist. Denn wo alles sauber und gepflegt ist, fällt es den Menschen leichter Ordnung zu halten, schliesslich möchte man nicht der oder die Erste sein, der/die für Unordnung und Leid sorgt.