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- George Sand

Denkende Automaten

von Sascha Frick (September 02)
Im Editorial der Infoweek vom 19. September 2002 schreibt Marc von Ah über Die Mutlifunktionalität der Dinge. Ah identifiziert das Telefon, das Fotos macht als den jüngsten Gipfel der Multifunktionalität. Über die Richtigkeit und Relevanz dieser Feststellung darf man durchaus geteilter Meinung sein. Und eigentlich könnte man dieses Editorial getrost auch nicht lesen, wenn da nicht der letzte Absatz wäre, der da lautet:

"Es gab Zeiten, da musste der Mensch noch selber denken. Es kommen Zeiten, da werden wir uns nicht einmal mehr daran erinnern.", steht da zu lesen.

Was will uns Ah damit sagen? Ist dies einfach eine ironische oder gar zynische Feststellung? Glaubt Ah das wirklich und wenn ja, scheint es ihm wünschenswert? Wir wissen es nicht! Aber hinter dieser Aussage verbirgt sich ein weitverbreitetes Missverständnis, das gerade in der technikverliebten Computer- und Telekommunikationsbranche weit verbreitet ist. Nämlich die irrige Annahme, das menschliche Denken sei durch geeignete Hard- und Software zu unterstützen oder gar zu ersetzen. Dabei wird erstaunlich locker mit dem Konzept Intelligenz umgegangen. Selbst Kühlschränke, Toaster und Staubsauger gelten heute bereits als intelligent und sind dabei meist dümmer als eine gegrillte Maus... und ungefähr genauso nützlich.

Aber stellen wir uns doch einen Augenblick vor, wie eine Welt aussehen könnte, in der Maschinen für uns argumentieren, bewerten, Schlüsse ziehen und letztlich denken. Wie geht es wohl zu in einer Welt, in der Vernunft und Denkfähigkeit davon abhängen werden, ob das letzte Update und der neuste Hotfix korrekt eingespielt wurden? Werden wir uns daran gewöhnen müssen, dass eine angeregte Diskussion durch unser Gegenüber mit einer "Allgemeinen Schutzverletzung im ThinkKernel64.dll" abrupt beendet wird? Wird das Denkenkönnen künftig davon abhängen, ob wir den entsprechenden Web-Service abonniert und pünktlich bezahlt haben? Wird die automatische Belastung unserer Kreditkarte durch den in der Denksoftware fest eingebauten DRM-Mechanismus zum Schutz geistigen Eigentums beim Zugriff auf fremdes Wissen zu einer Selbstverständlichkeit? Werden wir das Staunen über den menschlichen Geist und seine Entwicklungsfähigkeit verloren haben und uns wirklich nicht mehr daran erinnern, wie es war, selber denken zu müssen bzw. zu dürfen?

"Es gab Zeiten, da musste der Mensch noch selber denken. Es kommen Zeiten, da werden wir uns nicht einmal mehr daran erinnern." Hoffen wir, dass es nie soweit kommt und die Vernunft von alleine siegt!