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- George Sand

Lesegewohnheiten

von Sascha Frick (Mai 03)

Bücher und das Internet

Es gehört zu den täglichen Aufgaben eines Softwareentwicklers sich auf seinem Fachgebiet zu informieren. Denn ohne aktuelle und Fachinformationen läuft in unserem Beruf nichts, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Dank dem Internet lässt sich der Informationshunger bestens stillen. Kein Fachthema, zu dem Suchmaschinen wie Google nicht in Windeseile eine fast unüberschaubare Zahl an gefundenen Seiten auflistet. Ein paar Beispiele: Objektorientierung 22'700, C++ 7‘220‘000, C# 1‘900'000 und selbst zum wenig beliebten Thema Softwaretest spuckt Google locker über 56'000 gefundene Seiten aus. Natürlich sind diese Zahlen sehr bescheiden, verglichen mit den über 58'000'000 gefundenen Seiten für das Suchwort „Porn“.

Das Internet scheint sich somit als ideale Informationsquelle für den an aktuellen Fachinformationen Interessierten anzubieten. Und in der Tat: Die Antworten auf meine Frage an Softwareentwickler, welches Fachbuch sie in letzter Zeit gelesen hätten, fallen in der Regel ziemlich einheitlich aus. Fachinformationen besorgt man sich im Internet, gratis und sofort. Bücher sind da nur noch von untergeordneter Bedeutung. Fachbücher, erklären mir meine Berufskolleginnen und Kollegen gerne, seien ja ganz nett, aber in der heutigen Zeit ginge es auch ohne. Fachwissen aus Büchern ein Anachronismus, ein Auslaufmodell im Zeitalter des World Wide Web? Man möchte es fast meinen, doch wirklich glauben mag ich es nicht. Auch wenn das Internet unbestritten eine wertvolle Informationsquelle darstellt, birgt es auch Gefahren:

Cut&Paste-Informationen

Nichts ist leichter als den Inhalt einer Webseite zu kopieren und leicht verändert erneut zu veröffentlichen. Plagiate, Abgeschriebenes und Halbwissen sind im Internet allgegenwärtig. Wer in dieser Flut an Information nicht gelernt hat, kritisch zu sein, der läuft Gefahr, sich auf falsche Information und Halbwissen zu verlassen, ohne es zu merken. Denn anders als bei einem Buch eines renommierten Verlags, unterliegen die im Internet veröffentlichten Inhalte nur geringer Kontrolle. Dem könnte man natürlich entgegen halten, dass die Internetgemeinde die Verbreitung falscher oder halbwahrer Information wirksam verhindern kann. Das würde aber voraussetzen, dass sich falsche Informationen als solche Kennzeichnen liessen und Suchmaschinen wie Google in der Lage wären, dergestalt gekennzeichnete Informationen wirksam zu filtern bzw. entsprechend heraus zu stellen.

Google Blues

Wenn Google zu einem Suchbegriff tausend und mehr Seiten findet, dann diktiert es die ökonomische Vernunft, sich zu entscheiden. Google trägt diesem Zwang Rechnung und führt die Suchergebnisse auf der Basis eines ausgeklügelten Verfahrens nach Relevanz sortiert auf. Das soll dem Suchenden das Auffinden der gesuchten Information erleichtern und „unnötige“ Klicks vermeiden helfen. Eine Seite, die es bei Google nicht unter die ersten zehn schafft, droht in den Weiten des Internet vergessen zu werden, während der Suchende riskiert, wertvolle Informationen zu verpassen. Wer macht sich schon die Mühe, sich bis auf Seite 47 in den Suchergebnissen durchzukämpfen, wenn bereits die ersten drei Verweise auf der ersten Seite vielversprechend genug aussehen? Dabei birgt gerade das Bewertungssystem von Google die Gefahr, dass man nicht die beste sondern nur die am besten Google-konform aufbereitete und am häufigsten verlinkte Information erhält.

Im Online-Buchladen

Natürlich gibt es auch schlechte Bücher, und wer sich in den Fachabteilungen der Buchhandlungen umsieht, erlebt nicht selten den Google Blues im Buchregal. Da scheint die Welt nur noch aus Schlagwortliteratur und Mainstreamtool-Anleitungen in Buchform zu bestehen; die guten Fachbücher sucht man häufig vergeblich. Doch es gibt sie und – für manche vielleicht erstaunlich - kann uns das Internet helfen, sie zu finden. Online-Buchhändler wie Amazon verfügen über einen grossen Fundus an ausgezeichneten Büchern. Und die Möglichkeit von Amazon, Online-Rezensionen zu einem Titel zu verfassen und einzusehen, bietet genau jene Art von Bewertungssystem, das uns helfen kann, die Spreu vom Weizen zu trennen. Diese Online-Rezensionen sind ein wertvoller Wegweise bei der Suche nach guter, präziser und hilfreicher Information, die den Grundstein für neues Wissen legen kann. Und hat man doch einmal einen Missgriff getan, kann man ein Buch problemlos wieder zurück senden... und seine Meinung in einer Online-Rezension darlegen.

Bücher und das Internet

Sollen wir also unser Fachwissen ausschliesslich aus Büchern beziehen? Keineswegs. Das Internet ist eine grossartige und reiche Informationsquelle, die es zu nutzen gilt. Aber es kann gute und fundierte Fachliteratur in Buchform nicht ersetzen sondern lediglich ergänzen. Es sollte daher für jeden Softwareentwickler eine Selbstverständlichkeit sein, pro Quartal wenigstens ein Fachbuch zu lesen. In diesem Sinne: Stöbern Sie doch einmal in unserer Bücherliste. Ich bin sicher, dass Sie Ihnen das eine oder andere Buch gefallen wird.